Ich bin - das Bewusstsein. Nichts geht mehr

Das Universum entwickelt sich seit Jahrmillionen auf eine vorhergesehene Weise. Das weiß ich, das Bewusstsein, ganz genau. Die Erde hat für die nächsten 100 Millionen Jahre ebenfalls einen vorgezeichneten Weg. Für die Menschen mit ihrer kurzen Lebensspanne ist das nicht erkennbar. Für sie ist das Universum statisch und sie selbst fühlen sich auch oft so.

Cassies schönes Cabrio hatte eine Panne und musste in eine Werkstatt geschleppt werden. Seit Wochen suchen die Mechaniker den Fehler. Seit dem letzten Anruf aus der Werkstatt befürchtet Cassie das Schlimmste: Motorschaden, Totalverlust, Streit mit der Werkstatt. Ihre Gedanken kreisen um das Auto. Sie ist genervt, weil sie bei schönem Wetter in der stickigen Stadt sitzen muss. Sie hat mit Mühe und Not einen der raren Sonnenplätze in einem Café ergattert. Sie will raus und dafür braucht sie ein Auto - schnell. Sie recherchiert im Internet nach neuen Cabrios, während ihr Milchkaffee kalt wird und die Torte in der Sonne schmilzt. Sie überlegt zu jedem angebotenen Wagen, was der ihr bringen würde und wie sie ihn finanzieren kann. Sie nimmt die Welt um sich herum überhaupt nicht mehr wahr.

Wenn sie nur wüsste, was ich weiß. Sobald ihr die Ungewissheit klar wird, fühlt sie sich hilflos. Um sich dem nicht auszusetzen, beschäftigt sie ihre Gedanken mit Recherchen Planungen, Berechnungen. Damit hält sie die Hilflosigkeit und alles, was damit zusammenhängt, in Schach. Dabei geht es auch anders. Sie hat sogar schon jemanden getroffen, der ihr das vorgemacht hat. In Las Vegas. Cassie erinnert sich an den Besuch in einem Casino dort. Sie saß am Roulette-Tisch und hat einen Jeton auf Schwarz gesetzt. Der Croupier warf die kleine weiße Kugel in den rotierenden Kessel, sagte „Nichts geht mehr“ und das Spiel nahm seinen Lauf. Für Cassie ging es nur um ein paar Dollars. Der Mann neben ihr hatte all sein Geld auf die 23 gesetzt. Cassie fieberte mit ihm mit. Als das Rad langsamer wurde, drehte sie fast durch. Wie konnte er nur so ruhig bleiben? Die 23 kam nicht und es war die falsche Farbe. Er verlor alles. Cassie hingegen bekam einen zweiten Jeton als Gewinn. Der Mann war sehr ruhig. Sie glaubte, dass er im Schock sei. Sie konnte seinen Verlust nicht ertragen und gab ihm ihren Gewinn. Doch statt etwas Sinnvolles damit zu tun, setzte er erneut auf die 23. Cassie war fassungslos. Doch dieses Mal fiel die 23 und der Croupier gab ihm 35 Jetons dazu. Cassie war fassungslos.  Der Mann hatte diese Reaktion schon an vielen Roulette-Tischen gesehen. „Haben Sie Vertrauen. Es wird genau das passieren, was passieren soll.“ Lächelnd gab er ihr den geliehenen Jeton wieder.

Cassie hat lange nicht mehr an diese Situation gedacht. Die Stimme des Mannes klingt so beruhigend und sicher. Sie findet es plötzlich interessant, an einem Punkt zu sein, wo nichts mehr geht. Sie braucht einfach nur der Kugel zuzusehen. Mehr ist nicht zu tun. Sie legte das Handy beiseite und wendet sich Kaffee und Kuchen zu. Sie beobachtet die Menschen, genießt die Sonne und Wärme des Nachmittags. Sie ist so entspannt, dass sie den Anruf der Werkstatt fast verpasst. Gelassen geht sie ran. Ihr Cabrio läuft wieder. Sie kann es abholen.

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