Ich bin - das Bewusstsein. Dunkelheit

Licht und Dunkelheit sind im Universum in einem vollkommenen Gleichgewicht. Das weiß ich, das Bewusstsein, genau. Es gibt Sonnen, die Licht spenden, und schwarze Löcher, die Licht verschlucken. Für die Erde ist das Licht existenziell, doch die Sonne scheint nicht den ganzen Tag. Es gibt genauso viel Dunkelheit wie Licht. Die Lebewesen haben sich dem Rhythmus angepasst.
Die Menschen fürchten die Dunkelheit und die Schatten, denn dort verorten sie das Verborgene, das Unbekannte und das Böse. Sie haben seit jeher Licht angezündet, um Sicherheit, Wärme, das Gute, die Hoffnung, das Wissen und die Weisheit zu erschaffen. Sie sind weit damit gekommen, doch wenn das, was im Dunklen liegt, zu lange verleugnet wird, bekommt es immer mehr Macht und scheint unkontrollierbar zu werden.
Cassie und ihr Exmann Knut hatten immer ein vernünftiges Verhältnis, weil sie gemeinsam für die Kinder da sein wollten. Sie sind stolz darauf, dass sie keinen Rosenkrieg geführt und einander immer respektvoll behandelt haben. Ihre Meinungsverschiedenheiten haben sie gesittet ausdiskutiert, so wie sie es als Professorin und Professor an der Uni ebenfalls tun.
Inzwischen sind die Kinder aus dem Haus und es fällt Cassie immer schwerer, sachlich zu bleiben. Gerade hat Knut ihrer Tochter Betty erklärt, dass er ihre Ausbildung zur Körpertherapeutin nicht bezahlen wird. Cassie ist fassungslos. Er hätte der Tochter sicher mehrere Jahre Studium bezahlt, aber hier zieht er sich aus der Verantwortung? Offensichtlich ist er doch nicht im Reinen damit, dass sie keine Akademikerin werden will. Cassie verliert sich in spekulativen Gedanken über seine Motive und spielt mögliche Diskussionen mit ihm durch.
Wenn sie nur sehen könnte, was ich sehe. Sie ist so mit der Zukunft beschäftigt, dass sie ihren Körper gar nicht wahrnimmt. Wenn sie das täte, würde sie die tiefsitzende Wut auf ihn spüren. Meine Botschaft kommt bei ihr an. Sie horcht auf, atmet tief durch und bemerkt das Beben ihres Körpers. Es fühlt sich ungewohnt und gefährlich an. Sie macht sich Sorgen, wohin das führen wird. Dabei ist es nichts weiter als eine gesunde Wut.
Erstaunt konzentriert sie sich wieder auf ihren Körper und lässt das Beben zu. Es wird immer stärker, ihr Blut wird schneller gepumpt, ihr wird heiß. Das ist ihr unheimlich und sie lenkt ihre Aufmerksamkeit zurück zu ihren Gedanken. Während sie darüber nachdenkt, die Ausbildung allein zu finanzieren, verschwindet die Achtsamkeit für ihren Körper. Das Gefühl der Wut versteckt sich wieder in der Dunkelheit ihres Unterbewusstseins. So ist es schon tausende Male passiert. Cassie weiß nicht, dass es ein Automatismus ist. Sobald sie das Beben spürt, springt ihre Aufmerksamkeit zu ihren Gedanken, sodass der Körper sich beruhigen kann. Es ist ihre Art, die Wut zu unterdrücken und sachliche Lösungen zu finden. So war es und so wird es sein, bis sie das Muster durchschaut und sich ihrer alten Wut stellt. Das wird nicht heute passieren, vielleicht auch nicht morgen, aber es ist ihr Weg, das zu erfahren.
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